Ramiro hatte gestern seinen großen Tag. Er wurde sechs, kommt bald in die Schule und hatte am Dienstag das Aufnahmegespräch mit seinen Eltern für den Kinderclub. Es ist also alles in Butter und für seinen Geburtstag hatte er sich Wasserspiele gewünscht und seine fünf besten Freunde eingeladen.
Am Morgen in der Pilotengruppe in der Kita hat er seinen Lieblingskuchen mitgebracht und sich schon beim Morgenkreis auf den Nachmittag gefreut. Draußen fing es langsam an, sanft zu nieseln. Die Kinder spielten ganz gemütlich bis zum Mittagessen, da wurde der Regen schon stärker.
Im ersten Stock trafen sich die Mitarbeiter*innen vom Nachbarschaftshaus zur Teamsitzung und staunten schon bald über das stetig anschwellende Geräusch des Regenwassers. Die Sitzung wurde unterbrochen, alle Fenster und Luken kontrolliert. Dann kam die Kunde aus dem Erdgeschoss: das Wasser steht vor der Tür, wir können nicht mehr raus. Der Blick nach draußen bescherte uns eine attraktive Seenlandschaft rund um das Haus. Kurze Zeit später konnten wir nicht nur nicht mehr raus, sondern das Wasser lief unter der Tür ins Foyer. Putzlappen, Decken und Handtücher flogen auf den Boden, um das eindringende Wasser zu stoppen. Kolleg*innen aus allen Bereichen des Hauses knieten auf dem Boden und wischten emsig das Wasser wieder auf. Ramiro und seine Piloten hatten unterdessen das Mittagessen beendet und entdeckten die Wassermassen. Die Kinder finden an sich Sorgen zu machen, wie ihre Eltern sie denn abholen können…. mit dem Boot, mit dem Hubschrauber…?? Schnell war ein ‚roter Teppich‘ mit Auslegefilz von der Hintertür, einmal durch das Haus bis zu den Gruppenräumen gelegt. Ramiro stand mit seiner Geburtstagskrone, vom ansteigenden Wasser nur durch die verschlossene Tür getrennt und staunte über die Macht seiner Geburtstagswünsche. Der ‚Einladung‘ zu den Wasserspielen waren nicht nur seine fünf besten Freunde gefolgt, sondern sie hatte den Alltag des kompletten NBH Lilienthal durcheinander und wie in den meisten ‚Krisen‘ alle auch ein bischen näher gebracht.
Irgendwann ließ der Regen nach, aus den Seen wurden Teiche, aus den Teichen ein paar Pfützen und die Eltern kamen nicht in Booten oder mit dem Hubschrauber, sondern mit Gummistiefeln und Regensachen um ihre Kinder in die sicheren und trockenen Wohnungen abzuholen.
Wie Ramiro's Wasserspiele weitergingen, erfahren wir bestimmt morgen – aber für nächstes Jahr hoffen wir auf einen anderen Geburtstagswunsch. Vielleicht eine Party mit selbstgemachtem Eis……